Wenn es einen Gott gibt – dann ist das eine totalitäre Diktatur!
„Märtyrer“ am Leibniz- Gymnasium, frei nach Marius v. Mayenburg
Die Theater-AG der Oberstufe hat sich mit der Regisseurin Nicole Kassanke an drei Abenden der vergangenen Woche auf vermintes Gebiet begeben. Und, um es vorweg zu nehmen, den Anspruch des Autors, „über heutige Menschen … erzählen (zu wollen), aber vor einem historischen Hintergrund“, beeindruckend plastisch umgesetzt.
In ihrem neuen Stück radikalisiert sich der Jugendliche Benjamin S. zum fundamentalistischen Christen. Weder die hilflose Mutter (Svenja Wagner) noch Mitschüler oder Lehrer wissen darauf eine Antwort. Die Vertrauenslehrerin Roth (Sarah Hoss), die zunächst verständnisvoll reagiert, wird von der Rigidität und Körperfeindlichkeit Benjamins auf Dauer abgestoßen, sein alttestamentarisches Deutsch und seine Wissenschaftsfeindlichkeit laufen dann auf einen Kampf Schöpfung versus Darwin hinaus. Die Lehrerin nimmt diese Auseinandersetzung an, mutiert dabei aber selbst zur bloßen Rechthaberin.
Brechts Spruch: „Man muss die Dummheit bekämpfen, weil sie den dumm macht, der mit ihr zu tun hat“, bewahrheitet sich insofern an Frau Roth. Aber was hätte sie tun sollen? Wie soll man überhaupt auf die Aufrufe zur Gewalt und gegen Homosexualität, gegen die Gleichstellung der Frau und so weiter reagieren, die die Bibel in ihrem alttestamentarischen Teil durchziehen und die von Benjamin fortlaufend zitiert und zur Legitimation eigener Härte und Intoleranz herangezogen werden?
Darauf kann das Stück auch mit einer mitreißenden Inszenierung wie der der Leibniz-Theater AG keine Antwort geben.
Daher gab es an den Theaterabenden in Anschluss an die Aufführung die Möglichkeit des Publikumsgespräch mit dem Ensemble, um sich den vom Stück aufgeworfenen Fragen (und Gräben) diskursiv zu nähern.